Die doch recht bevölkerte erste Etappe auf unserer Wanderung über die Peaks of the Balkans haben wir gut geschafft. Auf die vielen Menschen zwischen Theth und Valbona waren wir ja vorbereitet. Doch wird es nach diesen touristischen Hotspots genau so sein? Wir sind zunächst mal guter Dinge.

Allerdings sollte es zunächst doch etwas chaotisch zugehen. Ich wollte nämlich ganz besonders pfiffig sein und bitte in unserem tollen Hotel Fusha e Gjes um ein Taxi beziehungsweise einen Fahrer, der uns die endlos lange (konkret mindestens sechs Kilometer) Wanderung auf der vielbefahrenen Asphaltstraße durch den Touristen-Hotspot Valbonatal ersparen soll.

Victor hat als Maurer in Verona gearbeitet und ist dann zurück in seine Heimat gekommen, um sich selbst etwas aufzubauen und mit seinem kleinen Gästehaus plus Restaurant, in dem er immerhin zwei Köche beschäftigt, auch ein Stück vom Touristenboom-Kuchen abzubekommen. Er kennt die Einstiege in den Weg nach Cerem, unserem heutigen Ziel.

Wir wählen den dritten – und damit leider den falschen. Denn nach einem schönen Stück Naturweg finden wir uns plötzlich doch auf der Fahrstraße in das abgelegene Dörfchen wieder. Immerhin eine Schotterpiste und keine Asphalttrasse.

Der bärtige Zeitgenosse grüßt uns zu Beginn unserer heutigen Etappe.

Christine trauert dem Naturweg jenseits des Baches nach, der nicht nur schöner, sondern auch schattiger gewesen wäre.

Nach gut zwei Stunden erreichen wir an einer Furt die eigentliche Route, und Christine nutzt die Chance, in die kalten Wildbach-Fluten zu steigen. Brrrrrr! Aber erfrischend.

Läßt es sich hier drin baden? Christine ist überzeugt: Ja!

Wir machen eine Jause und lassen es langsam angehen, denn heute ist die Distanz nicht allzu groß. Und nun läßt es sich über die idyllische Hochebene von Cerem auf einem Wiesenweg auch ganz gemütlich dahintrotten.

Einsame Idylle: die Hochebene von Cerem.

Größere Gebäude, die sich dem Ruinen-Status bedenklich nähern (denn ihr Dach ist zusammengestürzt), lassen mich ahnen, daß das hier Kasernen aus Enver Hodschas Zeiten gewesen sein könnten – eine markierte Fläche erinnert zudem an einen Hubschrauber-Landeplatz. Ob diese Theorien stimmen, bleibt indes ungeklärt.

Auch Arco gefällt der Bach im Hochtal von Cerem.

Eine museumsreife Tafel weist uns den Weg nach Cerem, allerdings gilt es zunächst, einen Balance-Akt über eine höchst abenteuerliche Brücke zu vollbringen.

Und den hätte ich mir wahrlich sparen können, denn wie sich herausstellt, ist unser Gästehaus Kujtim Gocaj gar nicht im Dorf, sondern etwas außerhalb, weswegen die Konkurrenz ihm großen Ärger bereitet. Denn die versucht am Dorfrand immer wieder, ihm die Wanderer mit falschen Angaben und Dumpingpreisen die Wanderer abspenstig zu machen. Wer wie wir zu Kujtim will: also aufpassen! Auch bei uns hat man es versucht…

Aber immerhin kommen wir noch vor dem großen Gewitter an, das danach niederprasselt und die Temperatur abstürzen läßt.

Das fantastische Abendessen (gegrilltes Gemüse, in Reis gekochtes Fleisch, mit Nudeln gefüllte Paprika, Bohnensuppe) hat wieder eine internationale Note: Mit uns am Tisch sitzen ein Ehepaar aus Bayern und ein in Berlin lebendes litauisches Pärchen. Der Nebentisch ist voll mit einer Wandergruppe aus Estland. Toll!

Der perfekte Tagesausklang: Auch im Gästehaus Kujtim Gocaj gab es ein fantastisches Abendessen.

Gegangen am 23. Juni 2023
Länge: 10 Kilometer
Dauer: 4 Stunden (mit Pausen)
Höhenunterschied: 541 Meter auf, 21 Meter ab
Höchster Punkt: 1200 Meter
Tiefster Punkt: 659 Meter

Für den Link zu Alpenvereinaktiv: klickt hier!

Und hier die bisherigen vier Folgen meiner Serie über die Peaks of the Balkans:

Peaks of the Balkans: Die Anreise

Peaks of the Balkans: Prolog in Shkoder

Peaks of the Balkans: Ab nach Theth!

Peaks of the Balkans (3): Theth – Valbona