Nach dem Regen-Chaos im Val Genova haben wir den Entschluß gefasst: Wir bleiben erstmal einen Tag in Pinzolo, damit unsere Kleider die Chance bekommen, ordentlich zu trocknen.Die nette Chef vom Hotel Dolomiti gibt uns als Wander-Experte einen Tipp für ein Programm vor Ort: Mit der Seilbahn hoch hoch zum Doss del Sabion und dann eine kurze Tour mit Blick auf die Brenta, danach Entspannung im Dorf und im Hotel. Klingt gut. Machen wir.

Die Wettervorhersagen sind nicht allzu gut, und so rät er und zu einer eher kurzen Variante. Doch als wir an dem Punkt sind, an dem wir uns entscheiden müssen, scheint die Sonne und es siegt der Wagemut. Denn der Blick auf die Brenta, unser nächstes Ziel, ist einfach zu grandios.

Kühe vor den Brenta-Felsen

Wie auf einem Landschaftsgemälde des 19. Jahrhunderts: Kühe vor den Brenta-Felsen

Wir wollen noch eine Schleife zur Movleno-Alm anhängen, machen das auch. Doch das hat auch heute fatale Folgen: Erstens regnet es dann doch schon wieder (diesmal gottlob nur kurz). Doch was viel schlimmer ist:  wir verhauen uns an der Alm und sind auf einem völlig falschen Weg. Das merken wir indes erst, als es zu spät ist und kein Weg mehr zurück führt (respektive es völliger Unfug wäre, wieder zurück zu gehen). Also sammeln wir auch heute wieder (ungewollt) 15 Kilometer. Von wegen kleiner Tour!

Entschädigung ist ein grandioses Eis im alten Teil von Pinzolo.

Und wir sind trotz unserem Irrweg in Hochstimmung, weil wir ja immer die grandiose Kulisse der Brenta vor und hatten. Hier auch ein Video von diesem Tag:

 

Am nächsten Morgen geht es also frohen Mutes mit dem Bus nach Madonna di Campiglio. Nicht nur im Bus, sondern im gesamten Weltcup-Skiort herrscht Hochbetrieb, und an der Liftkasse muß ich eine halbe Stunde anstehen, bevor ich uns die Tickets sichere. Unglaublich! Denn eigentlich ist jede zweite Gondel leer, es hakt nur an den Kassen.

All das macht müde, und so steigen wir an der Mittelstation aus und gönnen uns auf der Gaffer-Alm einen Kaffee zum Wachwerden. Der mündet prima, und auch das Lokal an sich macht einen sehr guten Eindruck.

Das gilt auch für die Bergstation am Passo del Groste. In Madonna di Campiglio tut man offensichtlich viel für Renomee und Qualität –  weit über die Skirennen hinaus.

Wir aber sind zu Fuß unterwegs und müssen uns auf den Weg machen. Der erste Schock folgt schnell: Bei der Mittagsjause will ich uns  nur kurz auf dem Rifugio Brentei anmelden. Typischer Fall von denkste: „Wir sind randvoll, keine Chance“, höre ich. Und bekomme den Tipp, es doch schon zuvor beim Rifugio Tuckett zu versuchen.

Mache ich. Und bekomme eine freundliche und ermutigende Antwort: „Geht in Ordnung, kommt nur!“ So kann ich dieses Freiluft-Museum der Felsen so richtig genießen. Es ist zwar Sonntag, und da brechen auch viele Italiener mit ihren Familien in die Brenta auf, so das ein ziemliches Gewimmel herrscht. Aber das stört mich nicht groß. Und auch Christine ist in bester Stimmung und genießt die herrliche Natur.

Ach, wie ist das Leben doch schön!

Zu beeindruckend ist die Szenerie hier: Eine Wand sieht aus wie der Rosengarten bei Welschnofen in Südtirol, dann wiederum reiht sich eine Felsnadel an die andere – und das alles unerreichbar und zugleich zum Greifen nah! Ich könnte da jetzt hoch. Wenn ich könnte. Aber das Abenteuer Klettern überlasse ich als Rentner jetzt doch lieber anderen. Jüngeren.

Für mich schmälert das das Erlebnis Brenta, dem ich so lang entgegengefiebert habe, überhaupt nicht. Das Wetter ist herrlich, ich kann mich an der Landschaft (auch  an den Gebirgsstöcken von Adamello und Presanella gegenüber) nicht satt sehen, und auch die Kamera wird ziemlich beansprucht.

Der Wahnsinn: die Felsnadeln der Brenta vor blauem Himmel (hier an der Tuckert-Hütte)

Endlich kommen wir auch frühzeitig an der Hütte an, ich kann noch ein paar Blog-Beiträge nachschreiben – unter freiem Himmel mit herrlichem Blick auf die Bergspitzen. Das Essen ist auch recht gut, und die Nacht im Massenlager Imkern Nebengebäude, der Quintino Sella-Hütte, (anders ging es heute wirklich nicht) auch erträglich, auf jeden Fall besser als erwartet. Hinzu kommen freundliche Wirtsleute, so daß sich die Tuckett-Hütte, die wir eigentlich „überspringen“ wollten, Bestnoten verdient.

Eine fantastische Szenerie: der Blick von der Tuckert-Hütte nach Osten. Links: die Quintiono Sella-Hütte, in der wir die Nacht im Massenlager verbracht haben

Gegangen am 11. und 12. August 2017

Geschrieben am 16. August 2017

Start: 12 Uhr

Ziel: 15.30 Uhr

Höhenunterschied: etwa 400 Meter aufwärts

Übernachtung: Rifugio Tuckett; wunderbar gelegen; gute Küche; freundliche Wirtsleute; www.rifugio-tuckett.it.

Viel Interessantes zur Geschichte der beiden Hütten gibt es unter https://de.wikipedia.org/wiki/Rifugio_Tuckett_–_Quintino_Sella

Informationen zur Region gibt es unter https://www.visittrentino.info/de