Viel Schönes hatte unsere Tour über die Peaks of the Balkans bisher für uns bereitgehalten. Da tut es einem fast schon leid, daß nun die letzte Etappe von Vusanje zurück zum Ausgangspunkt nach Theth ansteht.

Die Wettervorhersage für den 2. Juli 2023 war alles andere als günstig, und da wir schon mehrmals gehört hatten, daß die letzte Etappe der Peaks of the Balkans, die jetzt vor uns liegt, die schönste sein soll (wobei solche Einschätzungen natürlich immer ebenso relativ wie subjektiv sind), entschließen wir uns, nochmals einen Ruhetag in unserem Quartier im Guesthouse Blue Eye in Vusanje einzulegen. Eine gute Entscheidung, auch wenn der Regen letztlich dann doch ausbleibt.

Das „Hochhaus“ im Vordergrund war noch im Bau – es gehört zu unsrrem Quartier in Vusanje: dem Blue Eye (im Hintergrund).

Da die Etappe nach Theth ellenlang ist und auch noch einen kräftezehrenden Abstieg bereit hält, chartern wir mit drei Belgierinnen und einem Pärchen aus den USA einen Jeep zum „Schlangensee“. Dadurch sparen wir uns sechs Kilometer und einen langen Anmarsch durchs Tal.

Christine nutzt die (um die morgendliche Stunde noch vorhandene) Einsamkeit für ein Bad, während ich die gewaltigen Massive um uns herum bestaune. Der Doppeladler grüßt uns schwarz auf rot – wir sind wieder in Albanien! Wobei auch unsere Gastgeber im Blue Eye nur Albanisch gesprochen haben – viele Albaner wohnen eben jenseits der Staatsgrenzen in den Nachbarländern, haben sich dort ihre Identität bewahrt und wollen sie auch behalten. Das Wappen des ehemaligen Jugoslawien auf der anderen Seite ist ebenso wie der Name der untergegangenen Republik herausgemeißelt. Und Montenegro hat seins noch nicht angebracht…

Der albanische Doppeladler auf dem Grenzstein.

Das jugoslawische Wappen auf der anderen Seite ist herausgemeißelt…

Durch einen Wald erreichen wir das fantastische Hochtal von Fusha e Runicës – und dort umgibt uns weit mehr als nur ein Hauch von Wildem Westen. Endlose Weite und eigentlich auch endlose Weide zwischen Bergriesen – aber wir sehen weder Schafe noch Kühe, sondern nur zusammengebrochene Hütten, die vielleicht einmal Hirten Unterschlupf und Nachtquartier geboten haben.

Rast auf der fantastischen Hochebene von Fusha e Runices – man kommt sich wie im Wilden Westen vor.

Als der Weg dann ansteigt, sehen wir den ersten von später noch unzähligen Bunkern. Hier wollte Enver Hodscha, der Herrscher über Albanien, im Falle des Falles die jugoslawische Armee aufhalten – so weit kam es dann freilich nie. Letztlich wurden nämlich beide von der Geschichte aufgehalten…

Und hier der erste Bunker Enver Hodschas.

Wir erreichen einen Pass, denken schon, wir hätten es geschafft – aber weit gefehlt. Es wartet noch ein Ab- und Wiederaufstieg hinauf zum Peja-Pass auf uns. Die heweils rund 150 Höhenmeter hinunter und wieder rauf halten sich noch im erträglichen Rahmen. Wir stärken uns ja noch vorher mit einer Jause, und so sind wir gut gerüstet.

Auch Arco gefällt’s in den Albanischen Alpen.

Allerdings überholen uns jetzt schon die „Spätstarter“ dieser Etappe. Und erstmals seit langem kann ich die Warnung vor „Obertourism“ auch nachvollziehen, zumal es sich nicht um nur um Einzelwanderer, sondern auch um größere Gruppen handelt: belgische Pfadfinder, Israelis, Franzosen, Holländer, Deutsche. Auf der einen Seite ist es ja schön, daß es hier so international zugeht – wenn es sich nur nicht so sehr zusammenballen würde…

In der Senke haben wir einen fantastischen Blick auf den Arapi (2217 Meter) – und dessen Spitzname („Matterhorn Albaniens“) ist wahrlich nicht übertrieben. Auch wenn er es nicht auf die Höhe seines Schweizer Pendants bringt – die Form kann durchaus mithalten. Da muß das Video des Tages natürlich hier gedreht werden…

Unseren heutigen „Peak“, den Peja-Pass auf 1710 Metern, erreichen wir leichtfüßiger als gedacht. Die ersten neun Etappen waren wohl doch ein gutes Training. Aber eine Rast im Schatten gönnen wir uns dann doch. Not net hudla, wie der Schwabe zu sagen pflegt…

Ein Nickerchen auf der Passhöhe…

Und interessante Beobachtungen lassen sich ja auch machen. Eine Isarelin läßt sich zum Beispiel von einem Pferd (namens Dori, wie wir später erfahren) den Pass honauf tragen. Oben wird gewechselt. Sie steigt ab, jede Menge Rucksäcke kommen statt ihr auf Doris Rücken.

Hoch zu Ross auf den Peja-Pass.

Der Abstieg ist durchaus eine Herausforderung. Schmale Pfade machen den Großteil der 1100 Höhenmeter aus, die wir zuweilen steil bergab müssen, und immer wieder tut sich ohne große Absicherung ein Abgrund auf. Doch wir überstehen alles heil und erstaunlich fit. Mittlerweile sind wir wohl in Hochform – und zwar genau jetzt, wo alles bald vorüber ist…

Ein Kreuz am zuweilen schroffen Abstieg…

Auch unseren hervorragenden Ford Transit Euroline finden wir auf dem Parkplatz nenen der „Baumhaus“ Bar mit dem ziemlich zahnlosen Wirt, der sich riesig freut, uns wiederzusehen, unbeschadet wieder.

Die Nudeln aus der eigenen Vanessa-Küche schmecken am Abend ganz hervorragend. Ein wunderschönes Abenteuer mit vielen tollen Begegnungen mit faszinierenden Menschen ist zu Ende gegangen.

Und wir sind bereit für das nächste….

Zum Abschkuss ein Bier in unserer „Baumhaus“-Bar.

Gegangen am 3. Juli 2023

Länge: 14 km
Dauer: 6 Stunden
Höhenunterschied: 800 Höhenmeter auf, 1150 ab
höchster Punkt: 1736 Meter
tiefster Punkt: 800 Meter.

Zum Link von Alpenvereinaktiv: klickt hier!

Und hier die bisherigen Folgen meiner Serie über die Peaks of the Balkans:

Peaks of the Balkans (3): Theth – Valbona

Peaks of the Balkans (4): Valbona – Gocaj

Peaks of the Balkans (5): Gocaj – Doberdol

Peaks of the Balkans (6): Doberdol – Milishevc

Peaks of the Balkans (7): Milishevc – Reke e Allages

Peaks of the Balkans (8): Reke e Allages – Guri i Kuq

Peaks of the Balkans (9): Ruhetag im Guri i Kuq

Peaks of the Balkans (10): Guri i Kuq – Babino Polje

Peaks of the Balkans (11): Babino Polje – Plav

Peaks of the Balkans (12): Plav – Vusanje