Wie soll es nun weitergehen? Für Werner ist es klar: Sein Kompass-Wanderbuch schickt ihn hinab ins Tal nach San Lorenzo. Mein ursprünglicher Plan sah vor, vom Rifugio Tosa zum Molveno-See abzusteigen und vom in der Nähe gelegenen Andalo mit der Seilbahn die Paganella zu stürmen.

Aber nachdem mir der freundliche Agostini-Hüttenwirt erklärt, das auch da jetzt ein Massenandrang herrscht, entscheiden wir uns dafür, zunächst nochmal das traumhafte-Brenta-Panorama zu genießen und dann Werner ins Tal zu begleiten und dort nach einem guten Albergo zu suchen, in dem wir mal wieder ordentlich duschen und alle Viere von uns strecken können.

Der Abschied vom herrlichen Brenta-Panorama vor dem Rifugio Agostini  fällt nicht leicht.

Die Beschreibung in Werners Wanderbuch ist indes ziemlich chaotisch, und beim Rifugio Cacciatore merken wir, daß wir uns verfranst haben. Um auf die „richtige“ Strecke zu kommen, müßten wir wieder 180 Meter aufsteigen. Das wollen wir uns nach dem Haatsch von gestern nicht auch noch antun. Es führen ja alle Wege nach Rom, aber immerhin mehrere nach San Lorenzo.

 

Eigentlich wollten wir da gar nicht hin: Christine und Werner auf dem Abstieg über herrliche Almwiesen nach San Lorenzo

Nach kurzer Frist zweigt vom eher nervigen Forstweg dann ein wunderschöner nach rechts ab, über Almen und durch Wald geht es bergab, und da wir miterleben können, wie sich der Bergbach durch eine enge Spalte und einen schönen Wasserfall talwärts kämpft, stört es uns auch nicht groß, daß wir uns dann doch wieder dem Forstweg anvertrauen müssen.

Der Forstweg durchs Ambiez-Tal ist eine Herausforderung der besonderen Art: Er scheint kein Ende zu nehmen

Indes: Die Zeit verrinnt, und von Minute zu Minute brennen die Sohlen heftiger. Schon vor dem Wasserfall hat uns ein entgegenkommender Italiener erzählt, das er sein Auto am Rifugio Dolomiti abgestellt hat. Wir können es kaum erwarten, dieses Zwischenziel zu erreichen, sind aber einer harten Geduldsprobe ausgesetzt: Die Agostini-Hütte war auf mehr als 2400 Meter, die Dolomiti liegt bei gerade mal 900 und ist mehr ein Restaurant als ein Rifugio. Und deswegen trifft der Ausdruck „Ristoro“, auf den wir dann vor Ort treffen, die Sache ja auch besser.

Endlich ist es geschafft: San Lorenzo ist in greifbarer Nähe!

Wir stärken uns mit kühlen Getränken, unsere Laune wird wieder besser, vor allem, als wir die ersten Häuser von San Lorenzo erblicken.
Altar von San Antonio

Mit Alarmanlage geschützt: der gotische Altar von San Antonio am Dorfrand von San Lorenzo in Banale

Gleich am Anfang steht das uralte Antonius-Kirchlein mit einem herrlichem gotischen Altar. Dort verbringen wir einige Minuten der Einkehr und sehen die reich mit wohlriechenden Blumen geschmückte Madonna. Wie romantisch! Ach, ja: Morgen ist  Maria Himmelfahrt, eines der höchsten italienischen Feste.

Und genau das erweist sich für uns als fatal!

Gassen von San Lorenzo in Banale

Romantisch: die alten Gassen von San Lorenzo in Banale

Fünf Hotels gibt es in San Lorenzo, das zur Gruppe der schönsten italienischen Dörfer zählt – in allen handeln wir uns eine Abfuhr ein!
San Lorenzo in Banale

Auch in San Lorenzo in Banale kann man der Schönheit des Verfalls begegnen

Waren es in der Brenta (übrigens auf dem bisher einzigen Abschnitt meiner Via Pensionista) die Deutschen und Deutschsprachigen, die die Hütten in Beschlag genommen hatten (weswegen man es im Grunde tunlichst vermeiden sollte, in dieser Jahreszeit dort zu wandern zu versuchen, was wir jetzt gelernt haben), sind es drunten Im Tal die Italiener, die dafür sorgen, daß für spontan auftauchende Fuß-Touristen kein Bett übrig bleibt.

Warten auf den Bus: Arno spitzt die Ohren

Wir drei sind einmal wieder am Rande der Verzweiflung. Ich will aber nicht aufgeben. Im Bro-Hotel, wo wir eine Aranciata Amara nach der anderen kippen, telefoniere ich mir die Finger wund, komme dann auf die Idee, es in Comano Terme noch weiter unten im Tal zu versuchen, und tatsächlich schafft es Laura vom örtlichen Tourismus-Büro noch, für uns zwei Zimmer aufzutreiben: Das Cattoni-Hotel in Ponte Arche, das wir nach einer gut halbstündigen abendlichen Busfahrt erreichen (wegen der wir auf die so angepriesene Spezialität des Dorfes verzichten müssen: die “Ciuìga del Banale”, eine „Wurst aus bestem Schweinefleisch und weißer Rübe aus dem Trentino“), ist ein Glücksfall für uns. Werner hat ein Zimmer im Haupt-Haus, wir müssen zwar wegen Arco in die etwas in die Jahre gekommene Dependance ausweichen. Aber das Zimmer ist groß genug und hat eine heiße Dusche.

Zum Freiluft-Abendessen geht es noch ins Ristorante Don Pedro (sehr gut), danach gönnen wir uns noch in der Gelateria Bucaneve („Schneeloch“) einen beziehungsweise vier Bollen Eis. Danach fallen wir todmüde ins Bett und schlafen herrlich.

Gegangen am 14. August 2017

Geschrieben am 19. August 2017

Start: 8.30 Uhr

Ende der Wanderung: 14 Uhr

Höhenunterschied: 1700 Meter Abstieg!

Übernachtung: Hotel Cattoni Holiday in Ponte Arche; zwar etwas älter, aber sehr gut; Speisesaal war bei unserem Aufenthalt abends komplett ausgebucht (deswegen Ausweichen ins Ristorante Don Pedro); im Haupthaus keine Hunde erlaubt; aber Ausweichquartier in der Dependance für unsere Zwecke sehr in Ordnung.

Informationen zur Region gibt es unter gibt es unter https://www.visittrentino.info/de