Zugegeben: Das Valsugana ist nicht das erste, was einem in den Sinn kommt, wen man an einen Urlaub in Italien denkt. Entweder man bleibt in Südtirol oder man fährt weiter zum Gardasee oder nach Venedig oder in die Toskana. Und dennoch lohnt es sich, bei Trient links in die Berge abzubiegen.

In der ausgehenden k.undk.-Monarchie taten das viele. Die Seen von Caldonazzo und Levico und die heilsamen Quellen dort waren ein beliebtes Ziel des Wiener (Geld-) Adels. Und diesen Charme des Fin de siecle strahlt die Region heute noch aus.

Von der jungen Generation heute ist es nur noch den wenigsten in Erinnerung: Bis vor nicht mal hundert Jahren gehörte diese Gegend hier zu Österreich. Genauer gesagt: zum Kaiserreich Österreich-Ungarn. Erst der Erste Weltkrieg machte dem ein Ende. „Löweneck“, sagte man damals zu Levico, und dieser Name begegnet einem auch heute immer wieder. Auch die vielen Speckläden stechen einem in der hübschen Altstadt in die Augen. Die Italiener steuern eine Menge Bars, Cafés und Eisdielen bei. Kulinarisch ist man also eins geblieben. Auf jeden Fall: Levico mit seinen Brunnen und dem vielen Wasser, das auch mitten durch die Altstadt plätschert, ist ein geradezu idealer Ort zum Flanieren.

Und es hat in seinem Zentrum auch viel zu bieten. Zum Beispiel die Erzbischöfliche Erlöserkirche, die ebenfalls zur Hansburger Zeit erbaut wurde und von deren Vorgängerbau (den Märtyrern Viktor und Cotta geweiht) noch der Campanile stammt. Auch die Opern-Legende Giacomo Puccini machte hier Station. Zur Gamsjagd. Aber vermutlich hauptsächlich zum Gamsbraten-Essen. Denn gute Restaurants gibt es heute noch jede Menge. Auch da lebt die Tradition.

Auf keinen Fall sollte man beim Bummel durch Levico (auch wenn man nur einen Tag Zeit hat) den herrlichen Kurpark versäumen. Ihn hat ein deutscher Landschaftsgärtner 1898 angelegt: Georg Ziehl. Die einen sagen, er sei ein Berliner, die anderen bezeichnen ihn als Nürnberger. Was letztlich zweitrangig ist. Auf jeden Fall ist ihm mit diesem Landschaftspark etwas Wunderschönes und Bleibendes gelungen.

Er atmet noch heute den Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts, als weitläufiges Grün mit Spazierwegen kombiniert wurde, auf denen man sich sehen lassen und andere sehen konnte. Schließlich wurde schon zwei Jahre später das Grand Hotel Imperial eröffnet – übrigens nach nur zwölf Monaten Bauzeit. Wenn man es heute sieht, fast unvorstellbar. Zur Einweihung kam der Erzherzog Eugen von Österreich mit zahlreichen Promis dieser Aera angereist, und die feine Gesellschaft genoß schon in den ersten Jahren den Aufenthalt in Ziehls Meisterwerk. Später spazierte selbst Kaiser Franz Josef durch die Anlagen.

Die Pflanzen wurden übrigens mit der Eisenbahn aus österreichischen Gärtnereien hierher gebracht. Sie hatten schon eine gewisse Größe, aber man kann dennoch heute noch staunen, wie genau Ziehl die Wechselwirkung zwischen den heute riesigen Bäumen und den Freiflächen, die für die Sonnentherapie, die damals praktiziert wurde, vorausgesehen hat.

Wie es damals modern war, platzierte er auch viele exotische Baumarten aus Übersee oder anderen fernen Ländern dort. Wie die Digger-Kiefer aus Kalifornien, die Kaukasus-Kiefer, die Antarktische Scheinbuche aus Chile und Argentinien, den Gingko aus China, den Amerikanischen Seesternbaum, den Persischen Eisenholzbaum oder den Riesen-Mammutbaum aus den USA, der leider 2006 abstarb, aber dennoch heute noch eine tolle Funktion ausfüllt: Er avancierte zur Baum-Bibliothek: Man kann Bücher, die man ausgelesen hat, dorthin bringen und sich ein anderes, das einen interessiert, wieder mitnehmen. So geht kein guter Gedanke verloren und kann gewissermaßen die Aura dieses Parks ausfüllen. Ganz in der Nähe finden sich eine Menge Sitzgelegenheiten zum Schmökern.

Man kann aber auch nur sitzen und schauen in diesem Park der Habsburger, wie er heute noch genannt wird. Unter die herrlichen Bäume sind auch immer wieder Kunstwerke eingestreut. Die tanzenden Derwische zum Beispiel, die sich im Wind bewegen, locken einen schon von weitem.

Und auch der riesige Kiwi aus Holz zieht einen magisch an und verlockt einen, den Fotoapparat zu zücken.

Kurzum: Mögen die Habsburger auch abgedankt haben, mag das Trentino nun zu Italien gehören, mag der Mammutbaum auch zusammengebrochen sein – von all dem Zauber hat sich noch ganz schön viel erhalten. Und man kann es heute noch genießen. Weniger in Trauer über eine untergegangene Zeit. Sondern in Freude über  einen Vorboten Europas.

Informationen über Levico und das Valsugana sowie den Park gibt es unter http://www.visitvalsugana.it oder http://www.naturambiente.tn.it/parco_levico.

Und hier noch ein Video: